Piercing
- Ein Erfahrungsbericht
Viele
können sich nicht vorstellen, wie das so beim Piercer vor sich geht...
Hier also mein
Erfahrungsbericht:
Die Sonne scheint,
die Wolken haben scheinbar alle besseres zu tun, als den blauen Himmel zu
sprengeln - ein richtiger Wohlfühltag also. Perfekt um sich freiwillig Schmerzen
zufügen zu lassen!
Um kurz nach zwölf
laufen wir beim Piercer auf. Meine Mutter betritt das Studio mit einem netten
Lächeln, innerlich überlegt sie, wie sie hier schnell wieder raus kommt. Sie
murmelt etwas von “Krankenhausgeruch” und schon werden wir von einem netten
gepierct und tätowiertem Mann, der als wandelndes Werbeschild für seinen Laden
hätte arbeiten können, begrüßt. Er wirkt sehr nett, und erkundigt sich über mein
Alter. Dann fügt er noch hizu, dass er “keine Piercings
bei unter 14jährigen macht, und wenn die ganze Family antanzen würde um es ihr
zu erlauben. 14 ist die Grenze”. Das hat er
wohl gesagt, als er den suchenden Blick meiner Mutter nach evtl. vorhandenen
Fluchtwegen bemerkt hat...
Er
macht mit uns einen Termin aus - um halb drei soll es losgehen und gibt mir den
Ratschlag vorher noch etwas zu essen.... gesagt getan.
Wir
laufen zwei Stunden voller Ehrfurcht durch die Innenstadt. Noch bin ruhig, doch
das wird sich ändern. Pünktlich um viertel nach zwei stehen wir wieder auf der
Matte und bekommen ein kleines Infoblatt vorgelegt, welches über Vorgehensweise,
Risiken und anderes berichtet. Auch müssen wir einen Haftungsausschluss des
Piercers unterzeichnen.
“Das machen fast alle Piercer, ausnahmen gibt es da kaum.” so weiß auch mein
Hausarzt.
Nachdem auch meine Mutter unterzeichnet hat und eine Kopie ihres
Personalausweises in die Mappe auf dem Regal gewandert ist führt uns der Piercer
in den ersten Stock in einen extra Piercraum. Es sieht alles steril und sauber
aus. Wir
setzen uns an einen Tisch und bekommen noch mal alles genau erklärt. Von den
Risiken, zum Stechvorgang und den Pflegehinweisen. Nun hat sich auch meine
Mutter dazu bereit erklärt während der Prozedur im Zimmer zu bleiben. Mentale
Unterstützung. Ich habe das Gefühl zu zittern, was mir der Piercer
freundlicherweise auch bestätigt.
Schwupp die wupp malt er zwei Pünktchen auf meinen Bauchnabel. Unten und oben.
“Hier werd ich dann stechen. Willst du dir ansehen, ob es okay ist?” Nach
kurzem beäugen der zukünftigen Löcher nicke ich nur kurz und mache es mir auf
dem, zu einer Liege geklappten, Stuhl bequem.
Natürlich ist immer noch Platz für ein paar Scherzchen ‘ala
“Stechen sie auf ein oder zwei mal?”
“Für dich auch auf drei”
Meine Anspannung wächst und ich habe das Gefühl einen Spiegel haben zu wollen.
Die
rein rhetorische Frage, ob ich die Nadel sehen will wird von mir jedoch nicht
als solche enttarnt. Ich will sie natürlich sehen! - Im Nachhinein hätte ich es
dabei belassen sollen. Ich wollte sie ja gar nicht sehen *g*.
Noch
bevor ich sagen kann, dass ich das ganze nicht mehr will, was eine reine
Panikaussage gewesen wäre, spüre ich einen kurzen pieks und einen furchtbaren
Druck auf dem Nabel. Es tut
weh. Ja. Aber nur kurz. Das schlimme kommt erst noch. Der
Druck gibt sich, sobald der Schmuck eingesetzt wurde.
“Für’s
Erstpiercing bietet sich ein Ring bez. ein fast ovaler Ring an”
da sind sich Arzt und Piercer einig.
Wer
meint, das Stechen wäre unangenehm, dem wurde noch nie das frisch gestochene
Piercing von einem Fachmann gereinigt. Wenn
jemand sagt
“Das
Stechen hat nur ein bisschen weggetan”
sagt er die
Wahrheit.
Wenn er sagt
“Als
der Piercer das bei mir gereinigt hat, hat es gar nicht wehgetan”
der
lügt
in meinen Augen.
Der
Piercer erkundigt sich nach meinem Befinden - und - natürlich - antworte ich,
dass es mir gut geht. Wir
holen ein Desinfektionsmittel in der Apotheke nebenan -
“Octenisept”
- der
momentane Marktführer bei Piercings.
Die
nächsten Tage verlaufen unkompliziert.
Ich reinige das Piercing regelmäßig, wobei ich es mit dem Octenisept
desinfiziere und
drehe.
Es bildet sich um den Schmuck herum eine kleine Kruste, die mit viel warmen
Wasser aufgeweicht und entfernt wird. Ich
bin im nachhinein sehr sehr froh, dass ich es habe machen lassen.
Ich
liebe es Piercing-Schmuck zu shoppen - wie ihr in meinen Kurzgeschichten bei
“Gedanken einer Chefredakteurin” lesen könnt. Ich
genieße es
kurze
Oberteile
zu kaufen und zu tragen. Aber
ich muss auch jedem sagen, der vor hat sich ein Piercing stechen zu lassen - oder
der mich fragt - dass es weh tut. Auch
wenn es im Nachhinein vergessen ist.
Ich
schätze, das ist wie bei einer Geburt... am Ende ist man glücklich und alle
Schmerzen sind wie vergessen.
Eure
Marina (2005/06)
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